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            Die progressive Retinaatrophie beim Hund
            Die progressive Retinaatrophie oder Retinadystrophie, bzw. Degeneration, 
              PRA genannt, ist eine Erkrankung, die mit der zunehmenden Rückbildung 
              der Netzhaut einher geht. Für das Zugrundegehen der für 
              den Sehvorgang entscheidenden Sinneszellen und ihrer anhängenden 
              Strukturen im Bereich des Augenhintergrundes gibt es sowohl erworbene 
              als auch erbliche, angeborene Auslöser. 
            Allen gemein ist die progressive, also fortschreitende, irreversible 
              Zerstörung der Sinneszellen, genannt Photorezeptoren und der 
              anhängenden Strukturen der Netzhaut. Von Dysplasie ist die 
              Sprache bei Veränderungen der Photorezeptoren vor deren Ausreifung. 
              Von Degeneration, wenn die Veränderungen an den Photorezeptoren 
              nach ihrer Ausreifung stattfinden. Es sind stets beide Augen betroffen. 
            PRA ist unter Hundebesitzern und Züchter als Synonym für 
              die erbliche Form der Netzhautdegeneration bekannt. Hierbei können 
              verschiedenen Hauptgruppen unterschieden werden: 
            
              - progressive Nachtblindheit, auch als generalisierte PRA (gPRA) 
                bekannt
 
              -  stationäre Nachtblindheit
 
              - stationäre Tagblindheit
 
              -  Pigmentepitheldystrophie (PED)
 
             
            Die erbliche Form der progressiven Nachtblindheit läßt 
              sich aufgrund verschiedener Faktoren, wie das Alter in dem erste 
              Krankheitssymptome auftreten, oder die Zeitspanne bis zur vollständigen 
              Erblindung, in verschiedene Untergruppen unterteilen. Generell wird 
              die frühe Form von der später einsetzenden Form unterschieden. 
              Bei der frühen Form werden die Tiere mit bereits fehl gebildeten 
              Sinneszellen geboren. Erste Anzeichen der eingeschränkten Sehfähigkeit 
              machen sich ab dem 6 Lebensmonat bemerkbar und die Hunde erblinden 
              vollständig im Alter von 1 bis 2 Jahren. Die späte Form 
              ist mit normal angelegter Netzhaut verbunden und die Degeneration 
              der Sinneszellen beginnt mit 3 bis 5 Jahren, so das die betroffenen 
              Tiere in der Regel mit 6 bis 9 Jahren ihr Sehvermögen vollständig 
              verlieren. Neben der frühen und späten, existieren Zwischenformen 
              mit etwas späteren Krankheitsbeginn aber rascher einsetzender 
              Erblindung. Für alle Formen gibt es verschiedene Rassedispositionen, 
              wobei einige Rasse mindestens 2 Formen der gPRA zeigen. Alle Formen 
              der gPRA werden nach heutigen Erkenntnissen autosomal rezessiv vererbt 
              und zeigen den gleichen symptomatischen Verlauf. 
            Autosomal rezessiv meint im wesentlichen, das ein Tier nur dann 
              Symptome zeigt, wenn es die defekte Genkopie von beiden Elterntieren 
              erhält. Gibt nur ein Elterntier die genetische Information 
              für die Krankheit weiter, ist der betroffene Hund zwar Träger 
              und kann den Defekt ebenfalls weiter vererben, wird aber selbst 
              nie erkranken. 
            Der symptomatische Verlauf ist bei den verschiedenen Rassen und 
              Formen identisch. Es beginnt mit dem Verlust der Stäbchen, 
              der Sinnenzellen in der Netzhaut, die für das Dämmerungsehen 
              verantwortlich sind. Diese Zellen befinden sich überwiegend 
              in der Peripherie der Netzhaut. Die Hunde zeigen eine weite Pupille, 
              als Mydriasis bezeichnet. Die Weitstellung der Pupille dient dazu, 
              die fortschreitenden Einschränkung der Netzhautfunktion zu 
              kompensieren und das vorhandene Licht optimal aus zu nutzen. Dem 
              Besitzer fällt oftmals das veränderte, unsichere Verhalten 
              des Hundes in der Dämmerung auf. Bereits zu diesem Zeitpunkt 
              kann der erfahrene Tierarzt bei der Untersuchung des Auges mit entsprechenden 
              Instrumenten, Veränderungen an der Netzhaut durch zeitgleiche 
              Degeneration der anhängenden Strukturen der Retina, wahrnehmen. 
              Im Verlauf der Erkrankung degenerieren auch die Zäpfchen, die 
              Sinneszellen, die für das Farbsehen verantwortlich sind und 
              die Degeneration der anhängenden Strukturen schreitet bis zur 
              vollständigen Zerstörung fort. Letztendlich kommt es zur 
              Erblindung des Tieres. 
            Die Diagnose wird bei den meisten Rassen anhand der klinischen 
              Symptome, den ophthalmoskopisch sichtbaren Veränderungen und 
              spezieller Funktionstest der Netzhaut gestellt. Bei der Diagnosestellung 
              müssen nicht erbliche Netzhautdegenerationen, die ebenfalls 
              beiderseits auftreten können, mit in Betracht gezogen werden. 
              Das mehrfache Auftreten der Erkrankung innerhalb einer Rasse, insbesondere 
              bei Nachfahren betroffener Tiere, kann ein Hinweis auf die Erblichkeit 
              der Erkrankung sein. 
            Bei zwei Rassen kann die Mutation, die zur Netzhautdegeneration 
              führt, direkt mittels Gentest nachgewiesen werden. Bei verschiedenen 
              anderen Rassen gibt es die Möglichkeit der indirekten Genomanalyse. 
              Hier ist das Gen und die PRA auslösende Mutation nicht bekannt. 
            Eine Therapie existiert nicht und der Verlust des Sehvermögens 
              ist nicht aufzuhalten. Daher sollten Hunde der Rassen, bei denen 
              gPRA nicht mittels Gentest nachgewiesen werden kann, durch Spezialisten 
              in, dem Krankheitsverlauf angepassten, Intervallen untersucht und 
              Tiere mit Symptomen der Netzhautdegeneration als Träger eingestuft 
              werden bis eine nicht erbliche Ursache nachgewiesen wird. Neben 
              dem betroffenen Tier sollten Geschwister und Halbgeschwister ebenfalls 
              einer Untersuchung unterzogen werden und das betroffene Tier, sowie 
              die Eltern, die beide Träger der Erbkrankheit sein müssen, 
              nicht zur Zucht eingesetzt werden. Auch muß sich der Züchter 
              bewußt sein, das die Zucht mit Geschwistern aus einem und 
              dem selben oder anderen Würfen immer die Gefahr weitere Träger 
              und erbkranker Tiere mit sich bringt. 
            Bei zwei Rassen, dem Irishen Setter und dem Sloughi, besteht die 
              Möglichkeit des direkten Nachweises der Genmutation. So können 
              Träger des Defektes erkannt werden, die nur von einem Elterntier 
              die defekte Genkopie erhalten haben, selbst nicht erkranken können, 
              keine sichtbaren Veränderungen zeigen und den Defekt mit 50 
              % Wahrscheinlichkeit weitergeben, Tiere die von beiden Elterntieren 
              die Mutation erhalten haben, Symptome zeigen, Erblinden werden und 
              die Mutation zu 100% weitergeben und genetisch freie Hunde, die 
              weder erkranken noch den Defekt weiter geben, unterschieden werden. 
            Durch Screening aller zur Zucht eingesetzter Hunde bei den Rassen, 
              bei denen die Möglichkeit der Diagnosestellung auf genetischer 
              Ebene gegeben ist und dem Nutzen der aus der Genomanalyse erhaltenen 
              Information durch alle Züchter, kann das Auftreten neuer PRA-Fälle, 
              die durch diese spezielle Mutation verursacht werden, verhindert 
              werden. Nachfahren genetisch freier Elterntiere sind, zumindest 
              was die bekannte Genmutation betrifft, folglich automatisch frei. 
              Allerdings kann mit Hilfe des Gentests nur eine bekannte Mutation 
              erfassen. Andere, bisher nicht bekannte Genanomalien, die zu verschiedenen 
              Erkrankungen führen können, werden nicht bemerkt. 
            Bei einzelnen Rassen kommt es nicht zur generalisierten Netzhautatrophie, 
              sondern es gehen entweder die Stäbchen oder die Zäpfchen 
              zugrunde. Folge ist das isolierte Auftreten von Nacht- oder Tagblindheit. 
              Bei diesen Rassen treten keine sichtbaren Veränderungen des 
              Augenhintergrundes auf aber mit Hilfe eines Verfahren zur Überprüfung 
              der Funktion der Netzhaut können Abweichungen von der Norm 
              festgestellt werden. 
            Die PED geht in erster Linie vom Pigmentepithel aus. Nach primärer 
              Degeneration der Zapfen breiten sich die Degenerationserscheinungen 
              dann über die ganze Netzhaut aus. Diese Erkrankung wird für 
              verschiedene Rassen beschrieben, wobei kontroverse Meinungen über 
              die Erblichkeit dieser Erkrankung vorliegen. Es wird vielmehr angenommen, 
              dass eine familiäre Disposition mit Umweltfaktoren für 
              das Auftreten der Erkrankung von Bedeutung ist. 
            von Susanne Flatzek 
            Homepage 
              des Forschungsprojekts gPRA an der Ruhr Uni Bochum 
            Erbgang: autosomal rezessiver Erbgang
            Legende: 
            
              - Gentyp A: gesund, kein Träger
 
              - Gentyp B: gesund, aberTräger
 
              - Gentyp C: erkrankt
 
              - P=gPRA ursächliches Allel
 
              - N= Normal Allel
 
             
            
               
                |  
                   Vater und Mutter beide Gentyp B: 
                  
                     
                      |   | 
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                      | Mutter | 
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                 | 
                 
                   Vater und Mutter sind beide Träger des Defektgens, ihre 
                    Nachkommen verteilen sich theoretisch: 
                  
                    - 25% gesund, entspricht Gentyp A
 
                    - 50% Träger, entspricht Gentyp B
 
                    - 25% erkrankt, entspricht Gentyp C
 
                   
                    
                 | 
               
               
                |  
                   Vater und Mutter beide Gentyp A: 
                  
                     
                      |   | 
                        | 
                      Vater | 
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                      | Mutter | 
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                      |   | 
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                 | 
                 
                   Vater und Mutter sind beide genetisch frei, ihre Nachkommen 
                    verteilen sich theoretisch: 
                  100% gesund, entspricht Gentyp A 
                    
                    
                 | 
               
               
                |  
                   Vater Gentyp A, Mutter Gentyp B: 
                  
                     
                      |   | 
                        | 
                      Vater | 
                        | 
                     
                     
                      |   | 
                        | 
                      N | 
                      N | 
                     
                     
                      | Mutter | 
                      N | 
                      NN | 
                      NN | 
                     
                     
                      |   | 
                      P | 
                      NP | 
                      NP | 
                     
                   
                    
                 | 
                 
                   Vater ist genetsich frei, Mutter Trägerin des Defektgens, 
                    ihre Nachkommen verteilen sich theoretisch: 
                  50% gesund, entspricht Gentyp A 
                  50% Träger, entspricht Gentyp B 
                    
                 | 
               
               
                |  
                   Vater Gentyp C, Mutter Gentyp B: 
                  
                     
                      |   | 
                        | 
                      Vater | 
                        | 
                     
                     
                      |   | 
                        | 
                      P | 
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                      | Mutter | 
                      N | 
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                 | 
                 
                   Vater ist erkrankt, Mutter Trägerin des Defektgens, 
                    ihre Nachkommen verteilen sich theoretisch: 
                  50% Träger, entspricht Gentyp B 
                  50% erkrankt, entspricht Gentyp C 
                    
                 | 
               
               
                |  
                   Vater Gentyp A, Mutter Gentyp C: 
                  
                     
                      |   | 
                        | 
                      Vater | 
                        | 
                     
                     
                      |   | 
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                      | Mutter | 
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                      NP | 
                     
                     
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                      P | 
                      NP | 
                      NP | 
                     
                   
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                   Vater ist gesund, Mutter ist erkrankt, ihre Nachkommen verteilen 
                    sich theoretisch: 
                  100% Träger, entspricht Gentyp B 
                    
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