Die Homöopathische Notfallapotheke für den Hund
von: Anne Sasson
In einer Zeit, in der sich beinahe jeder als Google-Therapeut betätigt, lehnen es viele klassische Homöopathen grundsätzlich ab, das Tor zur ohnehin weit verbreiteten Automedikation noch einen Spalt weiter zu öffnen. Dies hat weniger mit Überheblichkeit oder Geschäftstüchtigkeit zu tun, als viel mehr mit der Tatsache, dass die klassische Homöopathie eine seriöse Therapieform ist, die sich mit popularisierenden Ratgebern und gut gemeinten Tipps nicht vereinbaren lässt.
Wirft man einen Blick auf die Grundsätze der Homöopathie, wird schnell klar, warum eine pauschalisierte Behandlung nicht befürwortet werden kann. Die klassische Homöopathie, wie sie Samuel Hahnemann vor 200 Jahren entwickelt hat, stellt eine ganzheitliche und vor allem individuelle Therapieform dar. Individuelle Therapie heißt insbesondere, dass jeder Patient aufgrund seiner besonderen Symptome durch ein für ihn bestimmtes Mittel geheilt wird. Das Mittel, das einen „persönlichen“ Schnupfen so gut und so schnell kuriert hat, wird beim Nachbarn möglicherweise keine positive Wirkung zeigen. Unter Umständen kann sich dieses Mittel sogar negativ auswirken und weitere, unerwünschte Symptome hervorrufen, vor allem wenn es wiederholt verabreicht wird. Eine individuelle Therapie schließt also allgemeine Ratschläge per se aus.
Mit ihren Bedenken wollen klassische Homöopathen eine unsachgemäße Anwendung homöopathischer Mittel verhindern. Chronische Krankheiten sowie ernste Akutfälle gehören in die Hand des gut ausgebildeten Homöopathen. Es wäre jedoch schade, dem mündigen und vernünftigen Hundehalter schnelle und wirksame Mittel vorzuenthalten, mit denen er seinem Hund im Notfall helfen kann.
Bevor einige dieser Mittel vorgestellt werden, müssen wir uns ein wenig mit der Theorie der klassischen Homöopathie befassen.
Was bedeutet eigentlich Homöopathie?
Das Wort leitet sich von „homoios“ (ähnlich) und „pathos“ (Leiden, Krankheit) ab. Der Gründer der Homöopathie, Samuel Hahnemann, hat im Jahre 1810 in seinem „Organon der rationellen Heilkunde“ die Prinzipien der Homöopathie niedergeschrieben. Er hat das Organon bis zu seinem Tod (er wurde trotz zahlreicher Arzneimittelprüfungen an sich selbst 88 Jahre alt!) immer weiter entwickelt. Die 5. und 6. Fassungen bilden noch heute die Grundlage der Homöopathie, die wir als „klassisch“ bezeichnen.
Hahnemann hat ein medizinisches System aufgebaut, das sowohl die Diagnose als auch die Behandlung beinhaltet. Das oberste Prinzip der klassischen Homöopathie ist das Ähnlichkeitsprinzip: Die Symptome eines Patienten können durch ein Mittel geheilt werden, das bei einem gesunden Individuum ähnliche Symptome erzeugen würde.
Nehmen wir als Beispiel Apis mellifica , das Bienengift. Wird der gesunde Mensch gestochen oder verabreicht man ihm zu Prüfungszwecken das Bienengift, so schwillt die Einstichstelle deutlich an. Die Schmerzen sind brennend, stechend und sehr stark. Charakteristische Symptome für Apis mellifica sind also: starke Schwellung, brennende, stechende, fast unerträgliche Schmerzen.
Der gestochene Mensch kann diese Symptome noch genauer beschreiben und die Umstände schildern, bei denen sie sich verbessern oder verschlechtern. Damit können beispielsweise Tageszeit, Periodizität, Wärme oder Kälte, trockene oder feuchte Atmosphäre, Berührung, Erschütterung, Druck, Bewegung oder Ruhe gemeint sein. Diese genauere Beschreibung der Symptome nennt man Modalitäten. Bei einem gesunden Menschen verschlechtern sich die durch das Bienengift erzeugten Symptome durch Wärmeanwendungen.
Apis mellifica ist also das passende Mittel, wenn bei einem Patienten eine starke Schwellung und brennende, nahezu unerträgliche Schmerzen vorhanden sind, die sich bei Wärme verschlechtern. Dies trifft auf einige Insektenstiche zu, beispielsweise aber auch auf einen Schnupfen mit einer stark geschwollenen Nase, der im warmen Zimmer schlimmer wird. Oder auch auf Hämorrhoiden. An diesem Beispiel wird sehr deutlich, dass es in der Homöopathie kein Patentmittel für die eine oder andere Erkrankung geben kann, sondern dass vor der Mittelwahl immer sehr genau auf die individuelle Symptomatik geachtet werden muss.
Der gestochene Mensch kann diese Symptome noch genauer beschreiben und die Umstände schildern, bei denen sie sich verbessern oder verschlechtern. Damit können beispielsweise Tageszeit, Periodizität, Wärme oder Kälte, trockene oder feuchte Atmosphäre, Berührung, Erschütterung, Druck, Bewegung oder Ruhe gemeint sein. Diese genauere Beschreibung der Symptome nennt man Modalitäten. Bei einem gesunden Menschen verschlechtern sich die durch das Bienengift erzeugten Symptome durch Wärmeanwendungen.
Apis mellifica ist also das passende Mittel, wenn bei einem Patienten eine starke Schwellung und brennende, nahezu unerträgliche Schmerzen vorhanden sind, die sich bei Wärme verschlechtern. Dies trifft auf einige Insektenstiche zu, beispielsweise aber auch auf einen Schnupfen mit einer stark geschwollenen Nase, der im warmen Zimmer schlimmer wird. Oder auch auf Hämorrhoiden. An diesem Beispiel wird sehr deutlich, dass es in der Homöopathie kein Patentmittel für die eine oder andere Erkrankung geben kann, sondern dass vor der Mittelwahl immer sehr genau auf die individuelle Symptomatik geachtet werden muss.
Wie wir bei der Vorstellung der Notfallmittel sehen werden, kommen bei der Behandlung von Schmerzen des Bewegungsapparats unterschiedliche Arzneien in die engere Wahl. Entscheidend bei der Mittelfindung sind die individuellen Symptome und deren Modalitäten. Hat sich der Patient überanstrengt und kann trotz seiner Schmerzen nicht still bleiben, da seine Beschwerden durch eine langsame fortgesetzte Bewegung gebessert werden, so hilft ihm Rhus Toxicodendron. Andere Patienten brauchen bei Rückenschmerzen absolute Ruhe, vermeiden jede Bewegung und Berührung, empfinden aber eine leichten Druck auf der schmerzenden Stelle als angenehm. Diesen Patienten verordnet der Homöopath Bryonia.
Der Schulmediziner würde in beiden Fällen ein Schmerzmittel verschreiben. Hier stellt sich die Frage, ob der anschließend symptomfreie Patient tatsächlich auch geheilt ist. Aus homöopathischer Sicht wird die Krankheit nicht mit den Symptomen gleichgestellt. Viel mehr stellen die Symptome eine Ausdrucksmöglichkeit dar, die dem Organismus innewohnende Krankheit sichtbar zu machen, „nach draußen zu melden“. Im Umkehrschluss wird verständlich, dass das bloße Verschwinden der Symptome nicht automatisch die Heilung des Organismus bedeutet: In vielen Fällen wurden die Symptome nur „wegradiert“, „auf stumm geschaltet“. Sie werden über kurz oder lang nach einer geeigneten Möglichkeit suchen und wieder „laut und sichtbar werden“. Oftmals werden Symptome mit einem Antibiotikum, Kortikoiden, aber auch mit homöopathischen Mitteln, die in wiederholten niedrigen Potenzen verabreicht werden, unterdrückt. Das homöopathische Mittel, sofern es gemäß den Regeln der klassischen Homöopathie ausgesucht und verabreicht wurde, darf die Symptome nicht unterdrücken, sondern dem Organismus einen Impuls geben, das – nach den Worten Hahnemanns – eine schnelle, angenehme, dauerhafte und sichere Heilung herbeiführen wird.
Zusammenfassend geht die Homöopathie von der Annahme aus, dass eine Krankheit eine Verstimmung der Lebenskraft darstellt und sich durch Symptome äußert. Diese Symptome drücken die individuelle Reaktion des Patienten aus und sind maßgebend für die Wahl des geeigneten Mittels.
Eine Auswahl wichtiger Mittel für die Notfallapotheke
Die Mittel, die hier vorgestellt werden, eignen sich insbesondere bei Sturzverletzungen, Quetschungen, Zerrungen, Verstauchungen, Blutergüssen sowie bei Insektenstichen. Arzneien, die bei Reisekrankheit, Sonnenstichen und -bränden sowie bei Magen-Darm-Erkrankungen eingesetzt werden können, werden hier nur kurz behandelt.
Aconitum napellus, der Eisenhut Einsatzgebiete
Leitsymptome Vitalität, Lebenskraft, hohe Muskelanspannung. In einem Aconitum-Zustand ist der Hund niemals apathisch, er äußert seine Angst und seine Panik auf unübersehbare Art. |
Arnica Montana, der Bergwohlverleih Einsatzgebiete
Leitsymptome
Bei heftigem Schock, erst Aconitum bis der Schockzustand vorbei ist, dann Arnica geben. |
Hypericum, das Johanniskraut Einsatzgebiete
Leitsymptome
Hypericum weist große Ähnlichkeiten zu Arnica auf, mit der Besonderheit dass hier die Nerven betroffen sind. |
Bellis perennis, das Gänseblümchen Einsatzgebiete
Leitsymptome
ellis perennis folgt gut auf Arnica, wenn die Schwellung nicht zurückgegangen ist. |
Bryonia Alba, die Zaunrübe Einsatzgebiete
Leitsymptome
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Rhus Toxicodendron , der Giftsumach Einsatzgebiete
Leitsymptome
Rhus Toxicondendron w ird nicht sofort nach der Verletzung gegeben, da diese besonderen Symptome erst beobachtet werden müssen. Es folgt gut auf Arnica. |
Ruta Graveolens , die Weinraute Einsatzgebiete
Leitsymptome
Ruta Graveolens w ird nicht sofort nach der Verletzung gegeben, da diese besonderen Symptome erst beobachtet werden müssen. Es folgt gut auf Arnica. |
Symphytum Einsatzgebiete
Eine bedeutende Problematik bei Knochenbrüchen ist die langsame Heilung, die weitere Beschwerden verursacht (Muskelatrophie, übermäßige Belastung anderer Gelenke…). Deshalb ist es wichtig, eine schnelle Heilung zu begünstigen. |
Apis Mellifica, die Honigbiene Einsatzgebiete
Leitsymptome
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Ledum Palustre, der Sumpfporst Einsatzgebiete
Leitsymptome
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Calendula, die Ringelblume Einsatzgebiete
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Ein paar weitere Mittel in Kürze …
- Cocculus bei Übelkeit im Auto
- Belladonna bei Sonnenstich: die Haut ist sehr rot, trocken und heiß.
Der Hund ist sehr unruhig und geräuschempfindlich. Bei Sonnenstichen sollte der Hund dem Tierarzt/Homöopathen vorgestellt werden! - Cantharis bei Sonnenbrand ersten Grades.
Bei höhergradigen Verbrennungen sollte der Hund dem Tierarzt/Homöopathen vorgestellt werden! - Arsenicum Album bei heftigem Erbrechen und schwerem wässrigem Durchfall mit zunehmendem Schwächegefühl. Bei länger anhaltenden Beschwerden sollte der Hund dem Tierarzt/Homöopathen vorgestellt werden!
- Veratrum Album bei reichlichenAbsonderungen: reichlicher Stuhl, reichliches Erbrechen, reichlicher Urin, reichlicher Speichelfluss, reichlicher Schweiß. Wenn man sich fragt, wo der Hund das alles hernimmt! Bei länger anhaltenden Beschwerden sollte der Hund dem Tierarzt/Homöopathen vorgestellt werden!
Wichtige Regeln für die Behandlung
Bitte beherzigen Sie diese Regeln, damit Sie Ihren Hund im Notfall erfolgreich behandeln können.
- Sollten Sie Zweifel haben, stellen Sie Ihren Hund einem Tierarzt vor oder fragen Sie den behandelnden Homöopathen.
- Es werden niemals Mittel gegeben, ohne dass eindeutige Symptome, die für dieses Mittel sprechen, zu erkennen sind. Dies schließt insbesondere jede prophylaktische Mittelgabe aus.
- Die homöopathische Behandlung ist eine medizinische Behandlung. Es sollten also keine Bagatellfälle behandelt werden. Kleine Verletzungen heilen durchaus von selbst und brauchen keinerlei therapeutische Unterstützung.
- Es sollen nur ansonsten gesunde Hunde behandelt werden.
- Es sollten keine Mittel an andere Tierhalter weiterempfohlen werden und auch keine gut gemeinten Ratschläge von Laien angenommen werden, selbst wenn sich die Fälle auf den ersten Blick sehr ähneln.
- Verlassen Sie sich nur auf die Symptome, die Sie selbst bei Ihrem Hund feststellen sowie auf Ihre eigene Kenntnis der Mittel.
Verabreichung
- Die Mittel werden in der Potenz C30 verabreicht. Hierfür wird ein Globulus (Kügelchen) in die Lefze des Hundes gegeben. Er muss das Kügelchen nicht schlucken, es reicht, dass die Schleimhäute mit der Substanz in Kontakt kommen.
- Es wird nur ein Mittel verabreicht. Gerade in akuten Fällen wird bei einem richtig ausgewählten Mittel eine Besserung schnell eintreten. Die Besserung ist das Zeichen, dass das Mittel richtig ausgewählt wurde. Es ist sinnlos, ein Mittel, das keine Besserung bewirkt hat, erneut zu verabreichen.
- Ist eine Besserung zu erkennen, so wird nicht weiter behandelt, solange diese positive Wirkung anhält. Erst wenn die Besserung nachlässt, kann eine weitere Mittelgabe erfolgen.
- Wenn es Ihnen möglich ist, wiederholen Sie die Mittelgabe mit einem in Wasser aufgelösten Kügelchen. Im Idealfall lösen Sie ein Kügelchen in einer kleinen Plastikflasche mit Plastikverschluss auf und geben daraus 2-3 ml (ein Plastik-Teelöffel) in die Lefze des Hundes. Die Flasche sollten Sie vor jeder Gabe 10 Mal kräftig schütteln.
- Wiederholen Sie die Gabe nur, wenn die Wirkung nachlässt. Wie lange die Besserung anhält, ist sehr individuell, hierfür können keine Richtwerte gegeben werden.
- In vielen Fällen wird es Ihnen nicht möglich sein, die körperliche Besserung sofort zu erkennen. Sie werden jedoch merken, dass es Ihrem Hund „besser geht“. War er nach einem Sturz äußerst unruhig, so kann das Ruhigerwerden als Besserung gedeutet werden. War er apathisch, niedergeschlagen, in sich zurückgezogen, so ist ein auf Sie gerichteter Blick schon als positiv zu interpretieren. Diese positiven Verhaltensveränderungen nach der Mittelgabe sind zuverlässige Zeichen für die Wirkung des gewählten Mittels.