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vom: 11.10.2001

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Anisa - von links genau so schön wie von rechts Anisa: "Ich hasse fotografieren - hoffentlich merkt das hier bald jemand!!!" Anisa, eben von rechts :-) Sayan (7 Jahre) - immer noch genau so ausgeglichen und lieb wie als Fohlen, Foto: K. Nehring Anisa steht immer über den Dingen Ist wirklich frisch hier (Anisa) Anisa und Bojar

Der "gebrauchte Hund" oder Azimas langer Weg ins Glück

von: Susanne Flatzek

English version

Anisa und ich
Azima
Azima (links) und Anisa (rechts) mit Schleppleinen zum "Hören" üben
Anisa (links) und Azima (rechts)
Anisa (links) und Azima (rechts)
Anisa (links) und Azima (rechts)
Azima
Azima, fühlt sich echt wohl
Azima
Azima

Wie viel kann ein kleines Sloughi-Mädchen oder ein kleines Hundekind ertragen und sich trotzdem nicht vom Menschen abwenden?
Ich weiß es nicht. Ich kann es nur ahnen.
Azima weiß es.

Hundekinder haben Angst, wenn sie aus ihrer gewohnten Umgebung, ihrem Rudel, herausgerissen werden. Wenn sie ihre Geschwister, ihre Mutter, die vertrauten Personen verlieren.
Sie wissen nicht, was sie erwartet. Eine fremde Umgebung, fremde Menschen. Sie wollen nicht alleine bleiben. Sie protestieren, manche lautstark, manche leise.
Jeder, der einen Welpen aufgezogen hat, weiß das.
Wer kann nicht ein Lied davon singen, kaputte Pantoffeln, zerrupfte Stofftiere, manchmal angenagte Möbel. Winseln, jaulen, wenn die erste "du-bleibst-jetzt-mal-allein-(kurz)-Übung" stattfindet.
Die kleine Pfütze auf dem Teppich, ausgerechnet immer auf dem Besten. Vor Freude, um die Untergebenheit zu demonstrieren und auch weil es ja viel zu lange dauert, bis man e n d l i c h rauskommt. Und außerdem regnet es gerade draußen!!!
Das "Fangen-Spielen": Du kriegst mich nicht - ich bin so-wie-so schneller. Und überhaupt, warum soll ich zu dir kommen, wenn du so schlechte Laune hast? Da halt ich lieber Abstand. Das ist sicherer. Vielleicht wirst du wieder friedlich, wenn ich versuche dich zu beschwichtigen. Mit in der Gegend rumkucken, gähnen oder vorsichtigem und vor allem langsamen!!!(wichtig!) Annähern, damit du nicht wieder wütend wirst.
Wie soll ein kleiner Hund reagieren, wenn ihn keiner mehr versteht. Wenn seine Versuche, Kontakt zu den Fremden aufzunehmen nicht verstanden werden. Wenn er bestraft wird und er nicht weiß, warum.
Wie soll sich solch ein kleines Geschöpf fühlen?

Verlassen.

Ein Züchter versucht zu ergründen, ob die Person, die vor ihm sitzt und unbedingt und ausgerechnet nur diesen einen, besonderen Hund haben will, die Richtige für seine Welpen ist. Ob sie die richtige Person ist, weiß er erst, wenn der Welpe vertrauen fasst, sich weiter entwickelt und aus dem verspielten, tapsigen Welpen ein stolzer, eleganter Windhund wird.
Gewissheit hat er erst in vielen Jahren. Nach einem langen, erfüllten, glücklichen Hundeleben. Alle diejenigen, die jemals vor dieser Entscheidung standen, einem fremden Menschen ihr "Ein-und-Alles" an zu vertrauen, wissen, wie schwer das ist.

Als Azima mit wenigen Monaten wieder nach Hause kam, in ihr Rudel, zu ihrer Schwester, ihrer Mutter, war sie ein verängstigter, unsicherer junger Hund geworden. In der gewohnten Umgebung lebte sie sich schnell wieder ein und fasste neues Vertrauen. Insbesondere die Angst vor Männern und die regelrechte Panik vor Halsbändern blieb zunächst.

Bis sie auf ihre neue Familie traf. Mit viel Geduld und noch mehr Liebe schaffte es das Ehepaar, und insbesondere der Mann, Azimas Vertrauen zu gewinnen. Um den Hund zu schonen, der in seinem kurzen Leben schon so viel erlebt hatte, wurden Dinge, die sie nicht mochte, soweit möglich, von ihr fern gehalten. Auch die Konsequenz in der Erziehung blieb, aus Vorsicht, etwas auf der Strecke. Azima gefiel es. Sie fühlte sich wohl. Die neuen Besitzer haben sicher manch schlaflose Nacht und manche "Schrecksekunden" durchlebt auf dem Weg vom verängstigten Bündel zum fröhlichen, jungen Hund.

Ich habe mir die Frage immer wieder gestellt. Wie viel kann ein junger Hund ertragen ohne aufzugeben?

Plötzlich war der Mensch, dem sie ihr Vertrauen geschenkt hatte, nicht mehr da.
Er war, so unerwartet für alle, aus dem Leben gerissen worden.
Die Ohnmacht, die Trauer der Zurückgebliebenen war zu groß. Sie konnten nicht weiter für Azima sorgen. ihr das geben, was sie so dringend benötigte.
Sicherheit, Geborgenheit, innere Ruhe.
Wie viel kann ein kleines Hundekind ertragen.

Nein, habe ich vor langer Zeit einmal gesagt. Einen ausgewachsenen Windhund zu nehmen ist so schwer.

Schafft er es, sich in unser bestehendes Rudel inklusive Katze, Pferd und zwei exzentrischen Hütehunde einzuleben?
Nein, habe ich gesagt, das ist unmöglich!

Aber man ändert seine Einstellung, manchmal.

12 Jahre durfte ich in der Gesellschaft von Bojar, meinem ersten Windhund, einem stolzen, selbstbewussten Barsoi Rüden, verbringen. Es wird nie wieder einen Barsoi wie ihn geben. So viel Ruhe, die er ausstrahlte. Er wusste immer, jeder Zeit und überall, was er wollte. Es gab nichts, was ihn erschüttern konnte.
Er ist zu früh gestorben, ein Tumor an der Herzbasis hat ihm das Leben genommen.
Anisa, meine Sloughi-Dame, und ich waren allein. Er fehlt uns. Jeden Tag.

Azimas Weg habe ich von Anfang an verfolgt. Als sie das Erste mal zurück kam, war es zu früh. Jetzt zögerte ich keine Moment, keine Sekunde. Das Schicksal hat uns zusammen geführt.
Sie ist unser Hund, das wusste ich sofort, ohne sie vorher gesehen zu haben.

Sobald als möglich haben Anisa und ich uns auf den Weg vom Rheinland nach Norddeutschland gemacht. Ich dachte, als ich sie das Erste mal sah, ich habe Anisas Tochter vor mir. Sie sind sich so unglaublich ähnlich.

Zunächst war Azima schon ein wenig misstrauisch. Was passiert denn jetzt schon wieder, wer ist diese aufdringliche Tante? Innerhalb kürzester Zeit wusste sie, das sie zu uns gehört. Sie hat ihren Platz gefunden. Es ist so, als wäre sie schon immer bei uns gewesen.
Sie ist der Gegenpol und die Ergänzung zu Anisa. Sie ist der Raufbold, der Proll, der Clown. Anisa ist die Prinzessin auf der Erbse. Zusammen bilden sie ein unschlagbares Team.

Ich habe noch nie in meinem Leben einen Hund wie Azima gehabt.

Ich bin mit Hunden groß geworden. Ich habe viel Erfahrung im Umgang mit Hunden. Wir hatten Mischlingen, bissige, misshandelte Tierheimhunde, wachsame, misstrauische Hütehunde. Aus allen sind, dank meiner Eltern, insbesondere meiner Mutter, umgängliche Familienhunde geworden, die mir und meinen zwei Geschwistern Liebe und Respekt vor Tieren beigebracht haben.

Trotzdem bin ich noch nie solch einem Hund wie Azima begegnet.

So voller Lebensfreude, nie schlecht gelaunt, immer fröhlich. Sie könnte jeden Tag aufs Neue vor lauter Freude die ganze Welt umarmen. Sie ist voller Optimismus. Und oft genug sitzt ihr der Schalk im Nacken.
Manchmal hindert sie noch das Erlebte auf Fremde offen zu zu gehen. Trotzdem fasst sie schnell Vertrauen.

Sie ist so unkompliziert!

Ich kann nicht nachvollziehen, wie man mit solch einem lustigen, neugierigen, anschmiegsamen Hund nicht auskommen kann. Wie man solch einen Hund, wenn man das Glück hat, ihn sein Eigen zu nennen, nicht festhält, an sich drückt und am liebsten nie wieder loslassen möchte.

Wie viel kann ein kleines Sloughi-Mädchen ertragen und trotzdem so fröhlich sein?

Ich weiß es nicht.

Azima wird es mir nie erzählen können.

 

 
Coco, bewahrt immer den Überblick im Hundechaos Sayan, 5 Monate Bojar Custeau, ist 16 Jahre alt geworden Azima Azima und Anisa - sind leider immer zu schnell!!

Die beiden Sloughi Hauptdarstellerinnen der Geschichte sind Azima Dau al Gamar, das clownige Energiebündel voller Lebensfreude und V'Anisa Nuri al Baida, die Prinzessin auf der Erbse.
(Anm. der Redaktion)

Foto 4 im oberen Band: Kai Nehring
restliche Fotos: S. Flatzek

 

 

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