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Emil und die Sloughis ...Eine Erzählung über den Metzgermeister und Hundezüchter Emil Reinisch und die Sloughi-Zuchtstätte "Bo-Ammar"English version Als der Lautsprecher die Mittagspause beim sonntäglichen Renntraining
verkündet, begebe ich mich sogleich zum Vereinshaus des WRV Westfalen-Ruhr
in Gelsenkirchen, um mich zwischen den Trainingsläufen meines Saluki-Rüden
"Gorazan al-safi" ein wenig zu stärken. Mit Kaffee und Kuchen setze ich
mich an einen Tisch und schaue mich ein wenig um.
Ein paar Leute stehen mit ihren Hunden an der Theke. Plötzlich bleibt
mein Blick in den melancholisch blickenden Augen eines dunkelsandfarbenen
Sloughis gefangen, der unverwandt einen Punkt in der Ferne fixiert. Dieser
Blick erscheint mir vertraut und lässt mich nicht mehr los; denn er weckt
alte Erinnerungen.....
Ich suche das Gespräch mit der jungen Frau und frage, aus welcher Zucht
denn dieser Sloughi sei. Sie sagt mir: "Das ist Farou, aber eigentlich
heißt er ja Foreman." "Dann kann das nur "Foreman Bo-Ammar" von Emil Reinisch
sein", entgegne ich. Meine Freude ist groß und ich kann es kaum fassen,
dass ich Foreman, einen von Emil Reinischs letzten Hunden, wieder gefunden
habe!
Als Emil Reinisch im September 1995 starb, gehörten die Sloughis Foreman
und Diane Bo-Ammar zu Emil Reinischs Nachlass. Nach dem Tod von Emils
Ehefrau, die ein Jahr später verschied, gehörten die Sloughis "Foreman"
und seine Mutter "Diane" ebenso zum Erbe. Einige nette Menschen, die zu
Emils langjährigen Bekannten gehörten, übernahmen dann im Sommer 1998
beide Hunde. Emil Reinisch hielt seine Sloughis in einem asphaltierten Hof einer westfälischen Kleinstadt. Auch wenn dieser Aufenthaltsort als Auslauf für Hetzhunde bestimmt nicht optimal war, so hat sich Emil um seine Hunde immer liebevoll gekümmert und sie geradezu verhätschelt. Emil war Tierzüchter aus Leidenschaft. Als ich ihn 1983 zum ersten Mal besuchte, um mir die Welpen aus dem C-Wurf anzusehen, züchtete er "nur noch" ausgefallene Taubenrassen und Sloughis. Er war aber noch Mitglied im Brieftauben- und Geflügelzuchtverein sowie im Fußball- und Angelsportverein. Zahlreiche Pokale, aufgereiht in einem Regal, waren Trophäen aus der Kanarienvogel- und Sloughi-Zucht. Ich mochte Emil; denn er war ein so genannter "Tausendsassa", der in
"allen Pötten kochte". Es gab nichts, was Emil nicht besorgen oder organisieren
konnte! Er war für mich ein "Original" im positiven Sinne. Gerne denke
ich an das "Abenteuer" und an seine humorvollen Bemerkungen zurück, als
ich mit Emil Unmengen von Grillwürstchen auf einer großen Zuchtschau in
Gelsenkirchen bei strömendem Regen unter einem Sonnenschirm verkaufte.
In der "Zuchtstätte Bo-Ammar" fielen von 1978 bis 1993 insgesamt sieben
Würfe (von A bis G). Beim A-Wurf, aus dem übrigens Emils Lieblingshündin
"Abeer Bo-Ammar" hervorging und mit der er später im Ausstellungsring
besonders erfolgreich war (Int., Dt. u. Belg. Ch.), wurde Ch. Alia bel
Kassem mit dem legendären Tunesien-Importrüden und MCh "Bedui" verpaart.
Emil behielt aus dem A-Wurf zwei Hunde, jeweils einen Rüden und eine Hündin:
Ameer und Abeer Bo-Ammar.
Das Rudel war bereits auf eine beträchtliche Anzahl angestiegen, als 1983 MCh. Abeer von dem Rüden "Midrah Schuru-esch-Schams" (aus Ch. Chauda S.e.S. nach Ch. Aschkurak S.e.S.) belegt wurde, sodass am 3.4.1983 der C-Wurf mit elf sandfarbenen Welpen auf die Welt kam. Zu diesem Zeitpunkt lernte ich Emil und seine Sloughis durch eine Welpen-Anzeige in dem Verbandsmagazin "Unsere Windhunde" kennen. Die Redensart "wer die Wahl hat, hat die Qual", traf nun bei der Menge an Sloughi-Welpen, die ständig alle durcheinander wuselten und gleich aussahen, auf mich zu! Ich war jede Woche bei Familie Reinisch, schaute mir die Welpen an und zu Emils Schrecken hatte ich jedes Mal einen anderen Favoriten. Nach zehn Wochen meinte Emil genervt: "Nun musst Du Dich aber mal langsam entscheiden!" Nach langem Hin und Her entschied ich mich für einen Rüden mit sehr dunkler Maske, bei dem ein so genannter "Aalstrich" über Hals und Rücken verlief. Pfoten und Zehennägel wiesen auch viel Pigment auf, sodass das Hündchen aussah, als ob es mit Pfoten und Schnauze in Ruß getaucht war. Das war er, mein Shari (Cido Bo-Ammar) und eine große Liebe begann! Als ich ihn abholte und mit ihm im Auto nach Hause fuhr, lag er brav neben mir auf dem Beifahrersitz. Zu Hause angekommen, trabte Shari mit dicken Tatzen wie ein kleiner Puma erst einmal neugierig durch alle Zimmer unseres Hauses. Es war für Shari von Anfang an klar, dass er mein Hund war und das zeigte er auch den anderen Familienmitgliedern deutlich.
Er nahm fast dreizehn Jahre lang an unserem Familienleben uneingeschränkt teil. So lustwandelte Shari mit uns im Park von Versailles, badete im Atlantik-Wasser und lag geduldig wartend, zusammengekauert in Katzenmanier unter einem Caféhaustischchen von Café Sacher. Mit ihm wuchsen unsere beiden Söhne heran. Er war ihnen stets ein liebevoller, aber wachsamer Babysitter. Auch verteidigte er immer verlässlich Haus und Hof. Mit ihm an der Leine konnte ich sogar nachts mal unterwegs sein und fühlte mich absolut sicher. Shari war Individualist und hatte Charakter; denn er zeigte Stolz und reagierte mit Verachtung auf vermeintliche Ungerechtigkeiten. Es entwickelte sich zwischen uns Menschen und ihm eine derart starke Bindung, dass wir heute noch, nach sechs Jahren, gerne und mit Respekt über diesen Sloughi sprechen. Wie auch aus entsprechenden Zuchtbüchern ersichtlich, hatte MCh. Abeer
zwei Würfe: Beim C-Wurf wurde sie mit dem Rüden Midrah Schuru-esch-Schams
und für den D-Wurf mit dem Rüden und Ch. Qahir S.e.S. verpaart. Beide
Rüden haben die erfolgreiche Hündin Chauda S.e.S. zur Mutter und gehen
mit ihrem Blut auf die ersten drei Würfe dieser Zuchtstätte zurück. Dass
diese Rüden von Emil ausgewählt wurden, war kein Zufall; denn die Sloughia
Chauda verkörperte nach seiner Meinung im besonderen Maße das Zuchtziel
von "Schönheit und Leistung": Sie war u.a. Deutscher Champion und Deutscher
Rennchampion. Damit entsprach sie genau Emils Vorstellungen von einem
schönen und leistungsfähigen Sloughi.
Emil war in meinem Wohnort als Metzgermeister beschäftigt. Ich habe Emil als hilfsbereiten und verlässlichen Menschen kennen gelernt, der mir noch nach seiner Pensionierung über viele Jahre lang Fleisch und Innereien brachte, was ich dann alles portionsgerecht einfror und später zu Hundefutter verarbeitete. Meine Nachbarn kannten bereits den ausgedienten Kombi von Emil, der so alle acht Wochen morgensfrüh vor unserer Haustür parkte. Der Blick ins Auto, besonders auf die Ladefläche, ließ jeden Neugierigen sofort erschauern; denn dort stapelten sich Berge von "nackten" Fleischstücken in allen Variationen, die zur Wurstherstellung dienten und von Emil weiter transportiert wurden. Wenn ich heute Wurst esse, denke ich noch oft an die Fleischberge hinten in Emils Auto! Bei diesen "Hundefutter-Transaktionen" nutzten wir oft die Gelegenheit, vor meinem Schuldienst eine Tasse Kaffee in der Küche zusammen zu trinken und über "Tierzucht aller Art" zu plaudern: Bei einem Plausch mit einem Tässchen Kaffee erfuhr ich dann etwas über Emils Pläne in der Sloughi-Zucht. Auch hatte Emil auf seinen Reisen viel erlebt und wusste immer Interessantes zu berichten. Er war überhaupt kein oberflächlicher Mensch und machte sich über alles Gedanken. Von ihm weiß ich, dass er sich die Verpaarungen seiner Hunde nach dem Zuchtziel von "Schönheit und Leistung" genau aussuchte, wobei Emil als ausgesprochener Ästhet einen sicheren "Griff" für außergewöhnlich schöne Rüden hatte. Emil lehnte aber Inzest-Verpaarungen bei Tieren grundsätzlich ab. Seine Hunde waren das Ergebnis von unterschiedlichen Blutlinien, woraus sich ein umfangreiches Gen-Potenzial entwickelte. Durch Emils Tod wird deutlich, wie wichtig es gerade für Hundezüchter ist, dass die gesamte Familie das Hobby der Hundezucht mitträgt, damit vermieden wird, dass die Tiere zu irgendeinem Zeitpunkt überflüssig werden könnten.
Ich freue mich für Emil, dass durch Farouk Bo Ammars Deckakte zunächst in der Zuchtstätte "Madina al Fadila" und kurze Zeit später bei "Schuru-esch-Schams" Emils Vorstellungen von einem Ideal-Sloughi in den Blutlinien der Bo-Ammar-Nachkommen weiter lebt (Farouk lebt heute mit seiner Besitzerin in den USA). Die bereits zahlreichen Ausstellungserfolge dieser Hunde sprechen für sich! Auf so mancher Ausstellung begegnen mir nun Sloughis als "Farouk Bo-Ammars Kinder". Ich finde, einige ähneln noch den "alten" Bo-Ammar-Hunden. Damit hat Emil zweifellos einen eigenen Sloughi-Typ kreiert : Elegante Sloughis mit anhänglichem Wesen und wunderschönen, ausdruckvollen Köpfen.
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