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vom: 11.10.2001

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Emil und die Sloughis ...

Eine Erzählung über den Metzgermeister und Hundezüchter Emil Reinisch und die Sloughi-Zuchtstätte "Bo-Ammar"

von Dr. Margrit Miekeley

English version

Als der Lautsprecher die Mittagspause beim sonntäglichen Renntraining verkündet, begebe ich mich sogleich zum Vereinshaus des WRV Westfalen-Ruhr in Gelsenkirchen, um mich zwischen den Trainingsläufen meines Saluki-Rüden "Gorazan al-safi" ein wenig zu stärken. Mit Kaffee und Kuchen setze ich mich an einen Tisch und schaue mich ein wenig um.

Shari (Cido Bo-Ammar) mit 1 Jahr, Foto: Dr. M. Miekeley

Ein paar Leute stehen mit ihren Hunden an der Theke. Plötzlich bleibt mein Blick in den melancholisch blickenden Augen eines dunkelsandfarbenen Sloughis gefangen, der unverwandt einen Punkt in der Ferne fixiert. Dieser Blick erscheint mir vertraut und lässt mich nicht mehr los; denn er weckt alte Erinnerungen.....
Dann folge ich der Blickrichtung des Hundes, drehe mich um und entdecke eine junge Frau, die gerade durch die Tür in die Gaststätte tritt. Erst als die Frau sich wieder an die Theke begibt, nimmt der Hund seine Umgebung wieder wahr. Dieser Sloughi ist zwar unmittelbar vor mir anwesend, doch habe ich ebenso den Eindruck, dass dieser Sloughi sich zugleich weit von mir entfernt befindet, da er fremde Menschen nicht beachtet und durch sie hindurchsieht. Es ist ein Rüde mit schönem Kopf und typvollem Ausdruck, der bei einer Widerristhöhe von ungefähr 70 cm für heutige Verhältnisse fast klein erscheint. Zu einem kompakt wirkenden Körperbau besitzt er zierliche Läufe, einen feingliedrigen Knochenbau und einen geraden Rücken. Der Hund zeigt sich in einer guten Verfassung, ebenfalls glänzt sein Fell gesund und gepflegt. Ohren, Rute, Schnauze und Zehennägel sind dunkler als das übrige Fell pigmentiert. An den reichlich grauen Haaren im Gesicht, einer ehemals schwarzen Maske, erkenne ich, dass es sich um einen "älteren Sloughi-Herrn" handelt.

 


Emil Reinisch führt Carbo Bo-Ammar (18 Monate) in Dortmund vor. (1984) Foto: Dr. M. Miekeley

Ich suche das Gespräch mit der jungen Frau und frage, aus welcher Zucht denn dieser Sloughi sei. Sie sagt mir: "Das ist Farou, aber eigentlich heißt er ja Foreman." "Dann kann das nur "Foreman Bo-Ammar" von Emil Reinisch sein", entgegne ich. Meine Freude ist groß und ich kann es kaum fassen, dass ich Foreman, einen von Emil Reinischs letzten Hunden, wieder gefunden habe!
Foreman ist der einzige helle Rüde aus dem F-Wurf von der Zuchtstätte Bo-Ammar (aus Ch. Diane Bo-Ammar nach MCh. Chaliq Schuru-esch-Schams). Meine Tränen, die teilweise auch noch meinem geliebten Shari (Cido Bo-Ammar) gelten, kann ich nun nicht mehr zurück halten. Ja, das war zweifellos der Blick meines unvergessenen Shari! Ich komme mit der jungen Frau ins Gespräch und erfahre die Geschichte von Farou (alias Foreman):

 

 

Diane Bo-Ammar und Carbo Bo-Ammar, Foto: E. Reinisch

Als Emil Reinisch im September 1995 starb, gehörten die Sloughis Foreman und Diane Bo-Ammar zu Emil Reinischs Nachlass. Nach dem Tod von Emils Ehefrau, die ein Jahr später verschied, gehörten die Sloughis "Foreman" und seine Mutter "Diane" ebenso zum Erbe. Einige nette Menschen, die zu Emils langjährigen Bekannten gehörten, übernahmen dann im Sommer 1998 beide Hunde.
Zuerst war Foreman verängstigt und deshalb aggressiv gegenüber anderen Hunden. Mit viel Liebe und Geduld sowie auch durch die Partnerschaft zu den drei Salukis der Familie, entwickelte sich Farou (alias Foreman) zu einem sozial verträglichen Super-Sloughi, der äußerst anhänglich und intelligent ist. Ich freue mich darüber, dass es Emils letztem Hund, einem aus dem vorletzten Wurf, gut geht.

Emil Reinisch hielt seine Sloughis in einem asphaltierten Hof einer westfälischen Kleinstadt. Auch wenn dieser Aufenthaltsort als Auslauf für Hetzhunde bestimmt nicht optimal war, so hat sich Emil um seine Hunde immer liebevoll gekümmert und sie geradezu verhätschelt. Emil war Tierzüchter aus Leidenschaft. Als ich ihn 1983 zum ersten Mal besuchte, um mir die Welpen aus dem C-Wurf anzusehen, züchtete er "nur noch" ausgefallene Taubenrassen und Sloughis. Er war aber noch Mitglied im Brieftauben- und Geflügelzuchtverein sowie im Fußball- und Angelsportverein. Zahlreiche Pokale, aufgereiht in einem Regal, waren Trophäen aus der Kanarienvogel- und Sloughi-Zucht.

Ich mochte Emil; denn er war ein so genannter "Tausendsassa", der in "allen Pötten kochte". Es gab nichts, was Emil nicht besorgen oder organisieren konnte! Er war für mich ein "Original" im positiven Sinne. Gerne denke ich an das "Abenteuer" und an seine humorvollen Bemerkungen zurück, als ich mit Emil Unmengen von Grillwürstchen auf einer großen Zuchtschau in Gelsenkirchen bei strömendem Regen unter einem Sonnenschirm verkaufte.
Emil wusste sein Leben in vollen Zügen zu genießen, deshalb reiste er auch gerne und fuhr bspw. jedes Jahr zum Lachsfang nach Irland. Dann ließ er seine Hunde zurück, die er in der Zwischenzeit von seiner Ehefrau versorgt wusste.
Von einer Reise, als er zu einem Kuraufenthalt in Bad Nauheim weilte, brachte er sofort zwei Sloughi-Junghunde mit; denn er war von der Anmut und Schönheit dieser Hunderasse geradezu begeistert. Es war die Hündin "Alia bel Kassem" und der Rüde "Adnan bel Kassem" (aus der Tunesien-Importhündin Talit nach dem MCh Es Basshar Ben Burd van Klein Vossenburg). Ch. Alia ist als die Stammhündin der Bo-Ammar-Zucht anzusehen.

MCH Abeer Bo-Ammar, Foto. E. Reinisch

In der "Zuchtstätte Bo-Ammar" fielen von 1978 bis 1993 insgesamt sieben Würfe (von A bis G). Beim A-Wurf, aus dem übrigens Emils Lieblingshündin "Abeer Bo-Ammar" hervorging und mit der er später im Ausstellungsring besonders erfolgreich war (Int., Dt. u. Belg. Ch.), wurde Ch. Alia bel Kassem mit dem legendären Tunesien-Importrüden und MCh "Bedui" verpaart. Emil behielt aus dem A-Wurf zwei Hunde, jeweils einen Rüden und eine Hündin: Ameer und Abeer Bo-Ammar.
In der Zwischenzeit hatte Emil noch zwei weitere Sloughis erworben. Es waren Badi und Basra Min Ahrar al Maghrib. Für den B-Wurf wurde die Hündin und Ch. Basra mit dem jungen Ameer verpaart. Aus dieser Verbindung blieb der spätere Europa-Sieger von 1988 und Ch. Barak Bo-Ammar im Hause Reinisch.

Mein Shari, Kopfstudie, Foto. Dr. M. Miekeley

Das Rudel war bereits auf eine beträchtliche Anzahl angestiegen, als 1983 MCh. Abeer von dem Rüden "Midrah Schuru-esch-Schams" (aus Ch. Chauda S.e.S. nach Ch. Aschkurak S.e.S.) belegt wurde, sodass am 3.4.1983 der C-Wurf mit elf sandfarbenen Welpen auf die Welt kam. Zu diesem Zeitpunkt lernte ich Emil und seine Sloughis durch eine Welpen-Anzeige in dem Verbandsmagazin "Unsere Windhunde" kennen. Die Redensart "wer die Wahl hat, hat die Qual", traf nun bei der Menge an Sloughi-Welpen, die ständig alle durcheinander wuselten und gleich aussahen, auf mich zu! Ich war jede Woche bei Familie Reinisch, schaute mir die Welpen an und zu Emils Schrecken hatte ich jedes Mal einen anderen Favoriten. Nach zehn Wochen meinte Emil genervt: "Nun musst Du Dich aber mal langsam entscheiden!" Nach langem Hin und Her entschied ich mich für einen Rüden mit sehr dunkler Maske, bei dem ein so genannter "Aalstrich" über Hals und Rücken verlief. Pfoten und Zehennägel wiesen auch viel Pigment auf, sodass das Hündchen aussah, als ob es mit Pfoten und Schnauze in Ruß getaucht war. Das war er, mein Shari (Cido Bo-Ammar) und eine große Liebe begann! Als ich ihn abholte und mit ihm im Auto nach Hause fuhr, lag er brav neben mir auf dem Beifahrersitz. Zu Hause angekommen, trabte Shari mit dicken Tatzen wie ein kleiner Puma erst einmal neugierig durch alle Zimmer unseres Hauses. Es war für Shari von Anfang an klar, dass er mein Hund war und das zeigte er auch den anderen Familienmitgliedern deutlich.

Shari war überall dabei: Foto: Dr. M. Miekeley

Er nahm fast dreizehn Jahre lang an unserem Familienleben uneingeschränkt teil. So lustwandelte Shari mit uns im Park von Versailles, badete im Atlantik-Wasser und lag geduldig wartend, zusammengekauert in Katzenmanier unter einem Caféhaustischchen von Café Sacher. Mit ihm wuchsen unsere beiden Söhne heran. Er war ihnen stets ein liebevoller, aber wachsamer Babysitter. Auch verteidigte er immer verlässlich Haus und Hof. Mit ihm an der Leine konnte ich sogar nachts mal unterwegs sein und fühlte mich absolut sicher. Shari war Individualist und hatte Charakter; denn er zeigte Stolz und reagierte mit Verachtung auf vermeintliche Ungerechtigkeiten. Es entwickelte sich zwischen uns Menschen und ihm eine derart starke Bindung, dass wir heute noch, nach sechs Jahren, gerne und mit Respekt über diesen Sloughi sprechen.

Wie auch aus entsprechenden Zuchtbüchern ersichtlich, hatte MCh. Abeer zwei Würfe: Beim C-Wurf wurde sie mit dem Rüden Midrah Schuru-esch-Schams und für den D-Wurf mit dem Rüden und Ch. Qahir S.e.S. verpaart. Beide Rüden haben die erfolgreiche Hündin Chauda S.e.S. zur Mutter und gehen mit ihrem Blut auf die ersten drei Würfe dieser Zuchtstätte zurück. Dass diese Rüden von Emil ausgewählt wurden, war kein Zufall; denn die Sloughia Chauda verkörperte nach seiner Meinung im besonderen Maße das Zuchtziel von "Schönheit und Leistung": Sie war u.a. Deutscher Champion und Deutscher Rennchampion. Damit entsprach sie genau Emils Vorstellungen von einem schönen und leistungsfähigen Sloughi.
Der D-Wurf aus MCh. Abeer Bo-Ammar nach Ch. Qahir S.e.S. erblickte am 27.5.1985 das Licht der Welt. Emil behielt ausnahmsweise mal eine Hündin. Es war die Hündin "Diane". Sie löste Abeer als Mutter ab. Am 23.3.91 hatte Ch. Diane den F- Wurf mit zehn Welpen nach dem Weltsieger und MCh. Chaliq Schuru-esch-Schams. Es wurden neun schwarze Welpen und ein sandfarbenes Hündchen geboren (die Dominanz der schwarzen Farbe wird hier deutlich). Emil freute sich über diesen Wurf mit den vielen schwarzen Welpen und berichtete mir stolz davon. Den sandfarbenen Rüden, es war Foreman, behielt er selbst.
Durch die Verpaarung von Diane Bo-Ammar mit Chaliq S.e.S. führen die Welpen des F-Wurfes Bo-Ammar über Chalil, Malike, Qahir und Chauda S.e.S. in der dritten bzw. vierten Generation auf beiden Seiten im überwiegenden Maße das Blut des algerischen Importrüdens "Quitus" und der holländisch-marokkanischen Importhündin "Ifrita al Shams". Hinzu kommen noch Blut-Anteile der Tunesien-Importhunde "Talit" und "Bedui", der marokkanischen Importhunde "Muna" und "Berak Ouled Nails" sowie Arbi v.d. Kirkelsberg, Afri S.e.S und El Basshar Ben Burd v. Klein Vossenburg. Diese unterschiedlichen Blutlinien bilden einen umfangreichen Gen-Pool und zeichnen die Hunde des F-Wurfes aus dem Bo-Ammar Zwinger aus. Auch der G-Wurf ist nach ähnlichem Prinzip aufgebaut. Am 22.5.1993 fiel der letzte Wurf aus Diane Bo-Ammar nach Urit Min al Bait Said. Dieser Rüde hatte Midrah ebenfalls zum Vater! Damit war auch bei diesem Wurf Chaudas Blut über Qahir und Midrah auf beiden Seiten vertreten. Die Bedeutung der Hündin Chauda S.e.S. beim Aufbau der "Sloughi-Zuchtstätte Bo-Ammar" kann in den Ahnentafeln der Bo-Ammar-Hunde zurückverfolgt werden.
Corvus Bo-Ammar, Chaudas Enkelsohn und Sharis Wurfbruder, wurde übrigens UICL-Jugendsieger 1984 und Internationaler Derbysieger 1988. Auch ich habe erfolgreich einige Ausstellungen mit Shari besucht. Doch als berufstätige Mutter und Hausfrau blieb mir keine Zeit mehr übrig, noch intensiver in das Renngeschehen einzusteigen. Da für mich Shari sowieso der schönste und schnellste Sloughi der Welt war, bedurfte es keiner weiteren Bestätigung ... Aus dem B-, C und F- Wurf behielt Emil jeweils einen Rüden (Barak, Carbo und Foreman Bo-Ammar). Die Hündinnen gab er auf gute Plätze. Emil gab einem guten Platz für seine Hunde immer den Vorrang und stellte eigene Zuchtinteressen dann zurück. Bei der Auswahl der Käufer bewies er meines Wissens immer einen guten Blick.

Cido Bo-Ammar, Mein Shari - ca. 2 Jahre alt - auf Sylt

Emil war in meinem Wohnort als Metzgermeister beschäftigt. Ich habe Emil als hilfsbereiten und verlässlichen Menschen kennen gelernt, der mir noch nach seiner Pensionierung über viele Jahre lang Fleisch und Innereien brachte, was ich dann alles portionsgerecht einfror und später zu Hundefutter verarbeitete. Meine Nachbarn kannten bereits den ausgedienten Kombi von Emil, der so alle acht Wochen morgensfrüh vor unserer Haustür parkte. Der Blick ins Auto, besonders auf die Ladefläche, ließ jeden Neugierigen sofort erschauern; denn dort stapelten sich Berge von "nackten" Fleischstücken in allen Variationen, die zur Wurstherstellung dienten und von Emil weiter transportiert wurden. Wenn ich heute Wurst esse, denke ich noch oft an die Fleischberge hinten in Emils Auto! Bei diesen "Hundefutter-Transaktionen" nutzten wir oft die Gelegenheit, vor meinem Schuldienst eine Tasse Kaffee in der Küche zusammen zu trinken und über "Tierzucht aller Art" zu plaudern: Bei einem Plausch mit einem Tässchen Kaffee erfuhr ich dann etwas über Emils Pläne in der Sloughi-Zucht. Auch hatte Emil auf seinen Reisen viel erlebt und wusste immer Interessantes zu berichten. Er war überhaupt kein oberflächlicher Mensch und machte sich über alles Gedanken. Von ihm weiß ich, dass er sich die Verpaarungen seiner Hunde nach dem Zuchtziel von "Schönheit und Leistung" genau aussuchte, wobei Emil als ausgesprochener Ästhet einen sicheren "Griff" für außergewöhnlich schöne Rüden hatte. Emil lehnte aber Inzest-Verpaarungen bei Tieren grundsätzlich ab. Seine Hunde waren das Ergebnis von unterschiedlichen Blutlinien, woraus sich ein umfangreiches Gen-Potenzial entwickelte.

Durch Emils Tod wird deutlich, wie wichtig es gerade für Hundezüchter ist, dass die gesamte Familie das Hobby der Hundezucht mitträgt, damit vermieden wird, dass die Tiere zu irgendeinem Zeitpunkt überflüssig werden könnten.

Hier sehen sie Nachzucht von Farouk Bo Ammar bei Madina al Fadila

Ich freue mich für Emil, dass durch Farouk Bo Ammars Deckakte zunächst in der Zuchtstätte "Madina al Fadila" und kurze Zeit später bei "Schuru-esch-Schams" Emils Vorstellungen von einem Ideal-Sloughi in den Blutlinien der Bo-Ammar-Nachkommen weiter lebt (Farouk lebt heute mit seiner Besitzerin in den USA). Die bereits zahlreichen Ausstellungserfolge dieser Hunde sprechen für sich! Auf so mancher Ausstellung begegnen mir nun Sloughis als "Farouk Bo-Ammars Kinder". Ich finde, einige ähneln noch den "alten" Bo-Ammar-Hunden. Damit hat Emil zweifellos einen eigenen Sloughi-Typ kreiert :

Elegante Sloughis mit anhänglichem Wesen und wunderschönen, ausdruckvollen Köpfen.

 


 

 

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