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Welpenprägung? - Welpenprägung!

von: Oliver Eberhardt
Erschienen in "Unsere Windhunde" 1/07

Hintergrund:

Ein kleiner Welpe durchlebt in seinen ersten Lebensmonaten eine sehr intensive Zeit „des Wachsens, Reifens und Lernens“ (Weidt 1994, 26). In der ersten Zeit beim Züchter lernt der Welpe grundlegende Erfahrungen mit und aus seiner Umwelt. Durch die Heraustrennung aus dem Welpen- und Hunderudel muss der zukünftige Besitzer unbedingt diesen Prozess wieder aufnehmen und eine gute Hundeschule besuchen, die z.B. Prägungsspieltage anbietet und die zuvor begonnenen Lernprozesse weiterzuführen.

Dieser Artikel soll auf die ersten 12-14 Wochen eingehen, von der der Welpe die meiste Zeit beim Züchter verbringt.

Ging man früher davon aus, dass das Wesen des Hundes in erster Linie vererbt wird, weiß man heute, dass neben dem Erbgut eine positive anregende Umgebung während des Aufwachsens für die Entwicklung wichtig ist, dass ebenso verschiedene Reize, Erfahrungen und Umweltereignisse das Wesen des heranwachsenden Welpen sehr stark mit beeinflussen. Beides kann man nicht voneinander trennen, aber beide Wirkungen haben Einfluss auf das weitere Verhalten eines Hundes.

„Mit zunehmender Reifung und dem Erwachen seiner Sinne treten mehr und mehr jene Antriebe in Erscheinung, die Konrad Lorenz […] „angeborene Lehrmeister“ genannt hat. Diese […] sorgen dafür, dass in einem ständigen Wechselspiel mit der Umwelt der Organismus und das Verhalten nach und nach selbständige Lebenstüchtigkeit erlangen“ und so zu einer „unauflöslichen Einheit“ werden (vgl. Berlowitz/ Weidt 2002, 8).

Aufgabe eines verantwortungsvollen Züchters:

In der heutigen Zeit und den heutigen Lebensbedingungen eines Hundes in der Stadt und auf dem Land reicht es nicht mehr aus, dass der Züchter die Grundbedürfnisse eines Welpen befriedigt, wie Nahrung, saubere warme Unterbringung und menschlicher bzw. hündischer Kontakt. Aufgabe kann es natürlich auch nicht sein, in der kurzen Zeit beim Züchter den Welpen auf alle erdenklichen Lebenssituationen vorzubereiten. Der heutige Züchter kann aber dem Welpen vielfältige Erfahrungsmöglichkeiten bieten, in denen die Welpen sich ihre Umwelt erschließen und mit neuen, kleinen Stresssituationen lernen umzugehen.

Lernen heißt Spielen:

Das Welpengelände soll den Welpen Raum geben frei zu spielen, die Gegend zu erkunden und die angeborene Neugier soll durch eine reizvolle Umgebung angesprochen und gefördert werden. Das gibt dem kleinen Welpen Sicherheit und Selbstbewusstsein mit dem Ziel, dass spätere Stresssituationen besser verarbeitet und in bestehende Schemata eingebaut werden können.

Lernen durch Spielen heißt die Formel, welche dem natürlichen Verhalten des Hundes entspricht und ihn mit einer inneren Motivation antreibt, seinen kleinen Abenteuerspielplatz zu erkunden. „Nicht spielen können wird damit für den Wissenden ein deutliches Warnzeichen bezüglich des augenblicklichen, inneren Zustands des betreffenden Lebewesens“ (ebd. 11).

Bewegte Welpenzeit

Durch mein Studium zum Sonderpädagogen war ein Schwerpunkt meiner Ausbildung die frühe kindliche Entwicklung. Aus diesem Bereich lassen sich viele Spielmaterialien und Anregungsmöglichkeiten vom Kind auch auf den Welpen übertragen. Darüber hinaus habe ich einige Fortbildungen beim VDH bzw. bei den Vorreitern der Welpenprägungsspieltage „Kynologos“ in der Schweiz besucht und weitere Anregungen durch entsprechende Fachliteratur erhalten. Neben viel Herz und Liebe benötigt die Aufzucht von Welpen auch entsprechenden Sachverstand.

Ein zentrales Anliegen ist, dass die Welpen den vorstrukturierten Raum selbständig erkunden dürfen und ihrer angeborenen Neugier Rechnung getragen wird. Keinesfalls darf der Welpe gezwungen werden, die aufgebauten Hindernisse zu betreten. (Wippe, Brücken, versch. Untergründe etc.)

Es ist wichtig, dass den Welpen unterschiedliche Reize angeboten werden. Das können verschiedene Bereiche im Welpenauslauf des Züchters sein, das können aber auch außerhäusige Landschaften sein, so z.B. Bachläufe, Wiesen, Wälder, eben was in kurzer Zeit erreichbar ist. Ein Nebeneffekt davon ist, dass die Welpen von Beginn ihrer Entwicklung schon an das Autofahren gewöhnt werden. Dadurch, dass die Welpen verschiedene Untergründe, Gerüche, Geräusche und aufregende Erlebnisse zu verarbeiten haben, wird einerseits das Selbstbewusstsein und die Stressverarbeitung gestärkt, aber auch die motorische Bewegung stark gefördert. Das angeborene eigenaktive Neugierverhalten wird dadurch unterstützt und der kleine Welpe lernt, sich seiner Umgebung anzupassen und sie zu meistern. Wichtig für die soziale Entwicklung des jungen Hundes ist es auch, dass er früh mit Menschen mit und ohne Behinderung in Kontakt kommt, dass er junge und alte Menschen kennen lernt. Gleiches gilt auch für den Kontakt mit anderen Hunderassen, die z.T. ein sehr unterschiedliches Temperament und Spielverhalten zeigen als unsere jungen Sloughis.

Durch immer wieder wechselnde Anregungen werden die Fern- (Augen, Ohren) und Nahsinne (Haut, Gleichgewicht, Geruch, Geschmack) eines Welpen geschult und die Wahrnehmungsfähigkeit der Welpen sehr stark gefördert. Auch die Ernährung der Welpen kann abwechslungsreich gestaltet werden, damit der Organismus sich nicht nur auf ein oder zwei Nahrungsmittel einstellt, sondern dass er lernt, sich auf eine vielfältige Nahrung (Fertigfutter, Quark, Datteln, Frischkäse, Frischfleisch, Dosenfleisch…) einzustellen.

Die Erfahrungsräume lassen sich beliebig gestalten und verändern. Man kann käufliche Dinge, wie z.B. Kriechtunnel, durch selbst gebastelte Holzwackelbrücken, Stege, Brücken, Gitter etc., eben Dinge aus unserer Umwelt, erweitern und abwechslungsreich gestalten. Wichtig ist außerdem, den Welpen Auszeiten zu ermöglichen, sie sind Lehrmeister für ihre Entwicklung und zeigen einem sehr genau, wann sie Lust zum Erkunden haben oder wann sie eine Auszeit benötigen.

Einige Beispiele aus in- und ausländischen Zuchtstätten veranschaulichen im Folgenden die obigen Ausführungen.

 

Literatur:

  • Weidt, Hans in: 14. Kynologische Arbeitstagung 1994, Tagungsbericht des Landesverbandes Baden-Württemberg für Hundewesen e.V., Sitz Stuttgart
  • Berlowitz, Dina und Weidt, Hans in: Schweizer Hundemagazin, Sonderdruck Nr. 1, 2002
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vom 02.03.2007