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KynologieTheorie zur Genetik der Fellfärbung beim Sloughivon Claudia Bravin
"Theorie", das klingt ja schon so staubtrocken, werden Sie sich denken. Stimmt, aber vielleicht gelingt es mir ja, die Materie etwas praxisnäher und möglichst ohne "Fachchinesisch" zu beschreiben. Urteilen Sie bitte selbst. Jedes Individuum, also auch der Hund, besitzt Erbanlagen, die so genannten
Gene, die ihm schon in die Wurfkiste gelegt werden. Die Erbinformation
ist in Abschnitte eingeteilt, auf denen immer nur ganz bestimmte Informationen
gespeichert werden, wie z.B. die Haarlänge oder die Augenfarbe. Diesen
Abschnitt nennt man Locus (= Ort). Erst die Kombination der Informationen
auf den einzelnen Loci ergibt später das Gesamtbild, d.h. die Loci stellen
die einzelnen Puzzle-Teilchen dar. Jedes Puzzle-Teilchen wiederum besteht
aus zwei Hälften. Die eine Hälfte erhält der Welpe vom Vater und die andere
Hälfte von der Mutter. Erst beide Hälften zusammen ergeben dann für den
Welpen die Gesamtinformation des jeweiligen Locus. Fangen wir zunächst mal ganz harmlos an und sehen, welche Angaben sich
im Standard für die Rasse Sloughi (FCI-Standard Nr. 188 d, 27.4.98) finden
lassen. Schon in der zweiten Zeile heißt es "Er kommt nur kurzhaarig vor".
An diesem Beispiel lässt sich sehr schön das Handwerkszeug zum Puzzeln
vorstellen. Locus "L" ("Haarlänge") L+ Kurzhaar L+ ist also das Kürzel für die Information "kurze Haare". Dabei signalisiert das großgeschriebene "L" seine Dominanz über das kleine "l". Das ist so etwas wie das Grundgesetz in der Vererbung: es gibt fast immer einen Herrscher und einen Untergebenen. Aber wie im richtigen Leben gilt auch hier, kein Gesetz ohne Ausnahme: es gibt auch gleichberechtigte Partner, das wird aber nicht "Ehe" genannt, sondern "Kodominanz". Da es auf Locus L nur zwei mögliche Varietäten gibt, nämlich L+ und l, gibt es nur wenige Kombinationsmöglichkeiten: L+ L+ der Hund ist kurzhaarig Liegen zweimal die gleichen Anlagen vor ("L+ L+", "l l"), nennt man das "reinerbig", sind es zwei verschiedene ("L+ l"), heißt es "mischerbig". Den genetischen Code (z.B. "L+ l") bezeichnet man als "Genotyp" und die sichtbare Ausprägung (z.B. "Kurzhaarig") als Phänotyp. Spielen wir doch einfach mal einen Fall durch. Angenommen, zwei kurzhaarige, mischerbige Hunde ("L+ l") halten Hochzeit: Obwohl beide Eltern kurzhaarig sind, fallen zu 25 % langhaarige Welpen, da beide Elternteile die Erbinformation für langes Haar verdeckt tragen. Dieses Beispiel zeigt uns damit, das die Sloughis auf Locus L immer die Kombination L+ L+ aufweisen müssen, sonst würden ja ab und zu auch langhaarige Exemplare auftauchen. Lesen wir weiter im Standard für den Sloughi: Wir wollen es nicht gleich übertreiben, widmen wir uns zunächst der Information "...schwarz...". Dafür ist sinniger Weise der Locus B = "black" zuständig, er bestimmt die Farbe des Pigmentes "Eumelanin". Locus "B" ("black") B+ schwarzes Eumelanin Hier entscheidet es sich, ob die Maske, der Mantel, die Stromung oder die Wolkung schwarz oder braun erscheint. Dabei ist Schwarz (B+) dominant über Braun (b). Der Standard für den Sloughi ist hier eindeutig: "..., mit oder ohne schwarze Maske, etc." Beim Sloughi kann man also bei diesem Locus von reinerbig B+, also B+ B+ ausgehen. In der phänotypischen Ausprägung wäre theoretisch auch der Genotyp B+ b = schwarzes Pigment, mischerbig möglich, dann würden aber bei Anpaarung zweier mischerbiger (B+ b) Eltern einige Welpen mit braunem Pigment auftauchen. So, nun haben wir uns zwar für "Schwarz" entschieden, aber an welchen Stellen sich denn nun die Farbe Schwarz befinden soll, haben wir noch nicht festgelegt. Wie gehabt, gibt es auch dafür einen Zuständigen, in diesem Fall sogar gleich zwei: Locus A und Locus E. Locus "A" ("Aguti") As Ausdehnung des Eumelanins (self colour, einfarbig) = einheitlich
schwarzes oder braunes Haarkleid, je nach Locus B. As und A+ sind dominant über at. As ist beim Sloughi nicht vertreten, da einheitlich schwarze Hunde ohne jegliche Abzeichen nicht standardkonform sind. Somit sind beim Sloughi folgende Kombinationen möglich: A+ A+ sandfarben, reinerbig. Locus "E" ("Extension" = Ausdehnung) Em schwarze Maske (oder braun, je nach Locus B) Bezüglich der Dominanzverhältnisse kann man sagen, dass Em sich gegen E+ und e durchsetzt und kodominant mit ebr ist. Wir erinnern uns: kodominant = gleichberechtigt. Liegt "Em ebr" gemeinsam vor, gibt es keinen Streit, sondern dann ist der Welpe eben einfach beides: maskiert und gestromt. Beim Sloughi sind alle genannten Gene der E-Serie möglich, nur der Faktor "e" ist vielleicht nicht vorhanden. Es wird noch diskutiert, ob "e" in reinerbiger Form, also "e e", das Pigment Eumelanin aus dem ganzen Körper entfernt, wobei dann auch der Nasenspiegel fleischfarben erscheinen würde. Außerdem weisen die sandfarbenen Sloughis oft eine minimale Anzahl schwarzer Haare auf, einen winzigen Rest der Wolkung, was bei "e" in reinerbiger Form nicht möglich wäre. Lässt man "e" außer Acht, ergeben sich beim Sloughi folgende Kombinationen: Em Em sandfarben mit schwarzer Maske, reinerbig Um einen Krieg zwischen den Loci A und E zu vermeiden, die ja gemeinsam für die Verteilung des schwarzen Pigmentes verantwortlich zeichnen, wurde sofort ein Friedensvertrag mit folgenden Vereinbarungen geschlossen: Interaktionen zwischen Locus A und Locus E As überdeckt Em und ebr, d.h. obwohl die Erbinformationen
für Maske und Stromung vorliegen, prägen sie sich phänotypisch nicht aus:
der Hund erscheint einheitlich schwarz bzw. braun. Aufmerksamen Lesern wird jetzt auffallen, das die ganze Zeit von "sandfarben" die Rede war. Greifen wir noch mal zum Standard: "Alle Tonschattierungen von hellsandfarben bis zu rotsandfarben,...". An dieser Stelle drängt sich der Verdacht auf, dass das Puzzle wohl noch nicht komplett ist. Stimmt, zwei Loci, nämlich C und D, schwingen das Zepter über die Intensität der Pigmentierungen (Pigment Eumelanin = schwarz, braun; Pigment Phäomelanin = falbfarben) Locus "C" ("Coloration") C+ neutral, lässt Gene anderer Loci wirken (die Pigmente behalten
ihren kräftigen Farbton) Zwischen C+ und cch herrscht unvollständige Dominanz. Unvollständig deshalb, weil C+ zwar der Boss ist, seinen Untergebenen cch aber nicht gnadenlos unterdrückt, sondern in beschränktem Maße auch zu Wort kommen lässt. Daher sind rotsandfarbene Sloughis je nach Farbton entweder C+ C+ oder C+ cch. Für die Zuordnung der mischerbigen Variante C+ cch zum Farbton Rotsand spricht, dass bei der Paarung zweier eindeutig rotsandfarbener Hunde durchaus auch hellsandfarbene Exemplare mitfallen, während zwei eindeutig hellsandfarbene Elterntiere bisher keinen roten Nachwuchs erzeugten. Beim Sloughi kann somit mit folgenden Möglichkeiten auf Locus C gerechnet werden: C+ C+ rotsand, reinerbig Locus "D" ("Dilution" = Verdünnung) D+ neutral, lässt Gene anderer Loci wirken (die Pigmente behalten
ihren kräftigen Farbton) D+ ist dominant gegenüber d. Beim Sloughi kann man bei diesem Locus ganz klar von reinerbig D+, also D+ D+ ausgehen. Die mischerbige Variante D+ d scheidet aus, da bei einer Paarung zweier auf "D" mischerbiger Sloughis automatisch auch Welpen mit "d d" fallen würden: Sloughis z.B. mit blauem statt schwarzem Mantel. Der Sloughi-Standard ist in diesem Punkt aber eindeutig (siehe Erläuterung unter Locus B). Über die genannten hinaus gibt es noch eine Reihe weiterer Loci, betreffend Weißscheckung, Fellstruktur, Merle, Vergrauung und Augenfarbe. Um beim Sloughi verlässliche Aussagen über die in der Wurfkiste zu erwartenden Fellfarben treffen zu können, reichen die aufgeführten Gene durchaus aus. Erinnern wir uns der bisherigen Erkenntnisse für den Sloughi. Auf den einzelnen Loci, unseren Puzzleteilchen, gibt es die Möglichkeit, folgende Paare anzutreffen: Unsere Puzzleteilchen lassen sich zum fertigen Bild zusammensetzen. Hier zwei Beispiele: Rotsand, schwarz gestromt, ohne Maske Hellsand mit schwarzem Mantel Schon haben wir eine Erleichterung erreicht; das weitere Puzzle kann auf die Loci A, E und C beschränkt werden, da es nur dort mehrere Variationsmöglichkeiten gibt. Und jetzt geben wir so richtig Gas mit einem praktischen Beispiel: Für unser Beispiel wird die folgende Variante des Genotyps gewählt: Mutter: hellsand / mit schwarzer Maske / mit schwarzer Stromung = Phänotyp
Nehmen wir für den Genotyp der Mutter diese Möglichkeit an:
Die Welpen erhalten immer nur eine der beiden Anlagen der Eltern (Denken sie an die Puzzleteilchen: eine Hälfte vom Vater, die andere von der Mutter). Und so sieht das beispielsweise auf Locus A aus: Hier hätte man also der Wahrscheinlichkeit nach folgende Verteilung bei den Welpen:
Gemessen am Phänotyp sind also 75 % sandfarbene Welpen und 25 % sandfarbene
mit schwarzem Mantel zu erwarten. Das sind zunächst die Informationen,
die Locus A liefert. Noch wurde nichts über die Intensität des "sandfarben"
ausgesagt (rotsand oder hellsand -> Locus C) und auch noch nichts über
Maske und Stromung (-> Locus E). Locus E allein läßt also folgende Schlüsse in Sachen Wahrscheinlichkeit zu:
In der phänotypischen Ausprägung sind somit 50 % der Welpen sandfarben mit schwarzer Maske, weitere 25 % sandfarben mit schwarzer Maske und Stromung und 25 % sandfarben ohne Maske mit schwarzer Stromung. Das heißt aber auch, die Hälfte der Welpen wird Stromung aufweisen und 75 % werden maskiert sein. Komplettiert werden die Bausteine nun durch Locus C:
Wahrscheinlich wird die Hälfte des Wurfes rotsand und die andere Hälfte hellsand werden. Bis jetzt wurden die drei Loci A, E und C nur jeweils einzeln beleuchtet. Nun müssen die einzelnen Puzzleteilchen zu einem Gesamtbild zusammengesetzt werden. Wie zuvor erläutert sind bei den Welpen in unserem Fall folgende Anlagen auf den einzelnen Loci möglich: Die drei Loci, unsere kompletten Puzzleteilchen, lassen sich wie folgt kombinieren: Bei den schwarz bemantelten Sloughis ist zu beachten: Na, sind Sie ins Ziel gekommen oder haben Sie etwa schon vorher die weiße Fahne geschwenkt? Zugegeben, die Thematik ist schon erheblich komplex, aber Rom wurde ja auch nicht an einem Tag erbaut. In unserem Beispiel wurde nur eine einzige der vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten durchgespielt, wobei der Faktor "e" aufgrund der oben erwähnten Unklarheiten zunächst außer Acht gelassen wurde. Nun kann man natürlich dieses Puzzle für alle erdenklich möglichen geno- und phänotypischen Variationen durchspielen und in einer Tabelle zusammenfassen. Für die möglichst rationelle und übersichtliche Gestaltung wurde jede der im Standard für den Sloughi zugelassenen Farben mit einer Nummer versehen, sodass die Kopfzeile und die Randspalte der folgenden Tabelle die Farbnummern 1 bis 12 aufweisen. An den entsprechenden Kreuzungspunkten der einzelnen Zeilen und Spalten lassen sich die Welpen-Farbnummern ablesen, die bei der gewählten phänotypischen Kombination in einem Wurf fallen können, nicht müssen, denn für die Elterntiere trifft ja immer nur einer der möglichen genetischen Codes zu. Bei einigen Kombinationsmöglichkeiten sind verschiedene Lösungen in Klammern gesetzt. Diese Farbnummern gehen in den speziellen Fällen alle auf den Faktor "e" zurück, falls dadurch doch nicht das dunkle Pigment aus dem ganzen Körper entfernt wird (siehe unter Locus E erwähnte wissenschaftliche Unklarheit). Alles steht und fällt mit der möglichst exakten Farbbestimmung der Zuchtpartner, was z.B. bei dem für das Auge fließendem Übergang der Farbtöne von rotsand- zu hellsandfarben, das heißt, zwischen rot und seinen Verdünnungen, nicht immer einfach ist. Weiterhin ist selbst bei genauer Kenntnis der Ahnen oft nicht festzustellen, ob die zukünftigen Eltern ein für einen bestimmten Farbwunsch benötigtes, rezessives Gen wirklich verdeckt tragen und damit weitervererben können; es sei denn, sie hatten bereits entsprechenden Nachwuchs. Schleicht sich bei der "Bestandsaufnahme" ein Irrtum ein, kann man angesichts unvermuteter Farbenpracht in der Wurfkiste leicht ins Staunen kommen. Quellen:
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